«Glass»
Helen Busslinger-Simmen
Es bedeutet mit einem kurzen «a» gelassen, ruhig, besonnen. Wer «glass» oder gelassen ist, kann etwas sein lassen, ohne sich damit eingehend zu befassen. Wer sagt, dass wir uns bei einem mündlichen oder schriftlichen Angriff sofort verteidigen müssen? Wir können alles ruhen lassen, die Zeit vergeht, vielleicht gehen wir so einem sinnlosen Nervenkrieg aus dem Weg.
Beim kürzlichenWahlkampf um einen Urner Ständeratssitz wurde der bisherige Markus Stadler hart angegriffen. Stadler hat kaum öffentlich dagegengehalten. Auch hat er es vermieden, eine grossflächige Werbekampagne mit Plakaten in Weltformat zu organisieren. Dass die Bevölkerung genug hat von solchen «Fisimatäntä» (unnötigem Kraftaufwand), hat er gleich gespürt. Statt damit Zeit und Geld zu verlieren, hat er als Ständerat «glass» und stetig weitergearbeitet. Das führte zum grossen Wahlerfolg.
«Ä Glassnä» (ein gelassener Mensch) ist keineswegs ein Langweiler. Gerade wenn jemand still ist und nichts sagt, kann es in seiner Innenwelt auf abenteuerliche Art «obsi und nitzi» (auf und ab) gehen. In meiner Jugendzeit schaute ich einmal zu, wie der Urner Maler Heinrich Danioth ein Wandbild pinselte. Er malte unerschütterlich, Pinselstrich um Pinselstrich, er war die Ruhe selbst. Andererseits war er umtriebig und temperamentvoll. Es wird überliefert, dass er es liebte, nachts mit Freunden das Dorf mit Gesang und Schabernack zu überraschen.
In diesen Tagen ist es leicht, «sturm» (aufgeregt) zu werden und die zu Ruhe verlieren. So vieles muss bis zum Jahresende noch unter Dach und Fach gebracht werden. Dazu kommen unabdingbare Vorbereitungen für Familienfeste. «Jaschtä» (hetzen) nützt hier nichts. Es gilt, nicht «düüberlüüsig» (nervös) zu werden. Auch wenn es alle ringsum zu sein scheinen.