«Chäärä»
Helen Busslinger-Simmen
Das Wort heisst aushandeln, sich auseinandersetzen – man sagt auch «streiten». Kinder können gut «chäärä», sie verhandeln miteinander.
Politisch «gchääret» wird zurzeit um eine Angelegenheit, die für Uri wichtig ist: um die Nutzung der Rütliwiese.
Man kann der Ansicht sein, es sei nicht schlecht, wenn parteipolitische Versammlungen auf dem Rütli stattfinden können. Aber man kann in Uri nicht
vergessen, dass vor elf Jahren Rechtsradikale aufs Rütli drängten. Mit dem Zutritt von Parteileuten gäbe es wieder Zoff und Missbrauch, befürchten die einen.
Andere sagen, das Rütli gehöre dem Bürger als Souverän.
«Chäärä» ist Streitkultur
Die Bergwiese hat den Charakter eines nationalen Denkmals und ist deshalb vielen «heilig». In einem alten Lied wird das Rütli als «friedliche Stätte am
See» gerühmt. Dass auch wegen seiner Ausstrahlungskraft ums Rütli «gchääret» wird, ist kein schlechtes Zeichen. Unsere Demokratie lebt ja von
der Suche nach einem Ausgleich.
Wenn an einem schönen Tag ein Dampfschiff inmitten eines unsäglich schönen Panoramas beim Rütli anhält, Familien aussteigen und zur Rütliwiese
drängen, der Vater dort vom Rütlischwur und die Mutter von dessen Folgen erzählt, spürt man den symbolträchtigen Charakter dieses Ortes. Hier ist kein
Platz für streitsüchtige Machos und grosskotziges Getue.