«Chatzämüüsig-Friäkonzärt»
Helen Busslinger-Simmen
Überall in der Schweiz gibt es fasnächtliche Frühkonzerte. Nur in Uri ist beim «Chatzämüüsig-Friäkonzert» die Musik das tragende Element. Die
Bezeichnung «Chatzämüüsig» kommt nicht von ungefähr. Die von der Bourbaki-Armee übernommene Clairon-Melodie – gestaltet vom Urner Arzt
Wilhelm Kesselbach – hat mit dem Maunzen der Kater und Kätzinnen zu tun. Der helle Klang der Trompeten, der durchdringende Ton der Posaunen,
die dumpfen Trommel- und Paukenschläge – das alles ergibt das Urnerische der Chatzämüüsig.
Andernorts sind die Umzüge weniger bodenständig. So sind etwa an der Parade des Sechseläutens in Zürich die Wohlhabenden unter sich.
Am «Friäkonzert» in Uri können alle mitmachen, man verkleidet sich nach Lust und Laune. Vornehm in Samt und Seide, verlumpt und verlöchert
wie ein Vagabund, in wehenden Fetzen als Hexe oder Magier.
Da geht der Landratneben dem Handwerker, die Lehrerin neben dem Rocker, der Banker neben dem Büezer – gesellschaftliche Schranken sind
aufgehoben. Die Fensterscheiben zittern, an den Fenstern stehen die Neugierigen in ihren Nachthemden. Am Ende des Umzuges war vor Jahren ein
poetischer Schlusspunkt zu sehen: Zwei junge Frauen im Nachtkostüm mit Häubchen trugen eine Kerze vor sich her.
Erst sind dieeinzelnen «Maschgäradä» kaum zu erkennen. Aber alles klärt sich beim Löffeln der Mehlsuppe auf: Der Bankdirektor war Bettler, der
Gemeinderat war Räuber Hotzenplotz. Man grinst sich an und sagt jedes Jahr: «So scheen isch äs no nie gsi.»