Ürner Tytsch (Urner Deutsch)

Folgende Urner Ausdrücke
sind in der Neuen Urner
Zeitung erschienen:

«Bäitä»

Helen Busslinger-Simmen
Das Wort heisst warten. Lange «bäitä» musste die Bevölkerung von Gurtnellen auf die Fertigstellung der Lawinenverbauungen am Geissberg, oberhalb von Gurtnellen Dorf – nicht weniger als 50 Jahre nämlich. Gemeindepräsident Beat Jörg, der zum Zeitpunkt des Baubeginns gerade zur Welt gekommen ist, nahm es gelassen. Allgemein macht man in Uri gern «zigig» (schnell) vorwärts und hält Warten für «udiänig» (unpassend). Da hat etwa ein Seufzer Platz: «Bäitä isch näiwä nid myyni Sach – da wirdä ich immer ulyydig»: Warten ist irgendwie nicht meine Sache, dabei bekomme ich schlechte Laune.

Wir müssen oft «bäitä»: auf das freie Wochenende, auf den Feierabend, auf einen Bericht des Arztes, auf Anerkennung. Jene, die nicht gerade warten müssen, sagen kluge Dinge wie «bäitä» ist wie das Salz in der Suppe, wie der «Gyx» (Schnaps) im Kaffee, wie der Punkt auf dem i.

Warten auf ein Wahlergebnis kann bei bestandenen Frauen und Männern fast zum «verzwaschplä» (nervös werden) führen. Auch wenn manche Leute ihnen auf der Strasse freundlich zuwinken und rufen: «Myyni Stimm hesch de!» Politisch Erfahrene wissen: Das heisst gar nichts. Es kann auch das Gegenteil bedeuten.

Auf die Ergebnisseder National- und Ständeratswahlen müssen wir noch lange «bäitä», und der politische Wind kehrt immer wieder. In früheren Zeiten konnte man sich auf die Parteien verlassen. Heute schleudern die Parteien so stark rauf und runter, dass sie fast ein «Schleudertrauma» auslösen.