Der höchste Schweizer Bauer Markus Ritter weiss die Arbeit der Urner Kollegen zu schätzen. Sorgen bereitet ihm, dass immer mehr Betriebe aufgeben müssen.
Helen Busslinger-Simmen
Markus Ritter, kennen Sie Urner Bauern und ihre Beratungsdienste?
Markus Ritter: Ich kenne viele Urner Bauernbetriebe und auch den Beratungsdienst. Im Kanton Uri wird professionell gearbeitet, der Urner
Bauernverband leistet ausgezeichnete Arbeit für seine Mitglieder. Die Unterstützung von Beratung und Politik ist spürbar.
Weiss es die Politik zu schätzen, dass die Urner Bauern Kulturland schützen und erhalten?
Ritter: Bei der Beratung der Agrarpolitik 2014/17 im Parlament war unbestritten, dass die Unterstützung der Berglandwirtschaft wichtig ist. Die
Nutzung und die Pflege der steilen Flächen im Berg- und Sömmerungsgebiet sind von eminenter Bedeutung. Damit werden gesunde Lebensmittel
produziert, Erosion verhindert und die ökologische Vielfalt erhalten.
Welchen Stellenwert haben einheimische Lebensmittel mittlerweile?
Ritter: Unsere Bevölkerung schätzt regional produzierte Lebensmittel. Eine neuste Umfrage zeigt, dass 74 Prozent der Kunden bereit sind, dafür mehr
zu bezahlen. Entscheidend ist, dass die Leistung der Produzenten angemessen entschädigt wird.
Die Prognosen für die Urner Bauern sind wenig rosig: zu viele Kosten, zu wenig Einkünfte.
Ritter: Die Bewirtschaftung steiler Flächen ist mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden. Auf der einen Seite gilt es, die Arbeit mit Direktzahlungen
und gemeinwirtschaftlichem Aufwand abzugelten. Auf der anderen Seite müssen wir auf dem Markt mit Produkten hoher Qualität die nötige
Wertschöpfung erzielen, damit die Kosten gedeckt werden können. Nur so hat die Landwirtschaft eine Zukunft.
Vergangenes Jahr haben 21 Urner Bauern aufgegeben. Was geht Ihnen dabei durch den Kopf?
Ritter: Das stimmt mich nachdenklich. Ein Landwirtschaftsbetrieb ist nicht nur eine wirtschaftliche Existenz. Er ist auch Heimat und ein wunderbarer
Platz, eine Familie aufwachsen zu sehen die Basis für Traditionen und Brauchtum. Mit jedem Betrieb, der aufgegeben wird, geht ein Stück Heimat
verloren. Wegen des technischen Fortschrittes ist ein massvoller Strukturwandel heute Tatsache.
Welchen Rat geben Sie als erfolgreicher Bauer – Ihren Urner Kollegen?
Ritter: Die Bauernfamilien dürfen stolz sein auf das, was sie für die Bevölkerung und unser Land tun. Die Bauern pflegen über 40 Prozent der
Fläche unseres Landes. Unsere gesunden Lebensmittel werden unter weltweit strengsten Auflagen im Bereich des Tierwohls, des Gewässer-
und Umweltschutzes produziert. Wir müssen unsere Betriebe optimal auf die neuen Rahmenbedingungen der Agrarpolitik ausrichten. Ebenso
wichtig ist es, auf wertschöpfungsstarke Produkte zu setzen und damit die Chancen des Marktes zu nutzen. Mein Motto lautet: am Bewährten
festhalten und offen sein für Neues.
Was macht Ihnen als Präsident des Schweizerischen Bauernverbandes am meisten Freude?
Ritter: Die Nähe zur Basis. Ich durfte im ersten Präsidialjahr über hundert Referate in der ganzen Schweiz halten. So konnte ich über unsere
Ziele und die Strategien informieren. Sehr wichtig für mich sind im Anschluss an die Referate die Rückmeldungen und Fragen der
Versammlungsteilnehmer. Ich will unsere Basis spüren und wissen, wo ihre Anliegen sind.
Können Sie als Nationalrat etwas für die Bergbauern bewirken?
Ritter: Die Agrarpolitik wird in Bern gemacht. Als Nationalrat und Mitglied der Wirtschaftskommission des Nationalrates kann ich direkt auf die
künftigen Rahmenbedingungen der Landwirtschaft Einfluss nehmen. Die Zusammenarbeit unter den bäuerlichen Parlamentariern ist über die
Parteigrenzen hinweg sehr gut.
Hinweis:
Markus Ritter (46) aus Altstätten im Kanton St. Gallen ist Präsident des Schweizerischen Bauernverbandes und CVP-Nationalrat.