Kurs halten trotz Zielkonflikten
Martin Patzen nach Unterbruch wieder im Kantonsspital Uri tätig
Spitaldirektor Patzen ist mit Uri stärker verbunden als er selbst glaubte. Nach einer Berufung an
eine öffentlich subventionierte Spital AG kehrte er an den alten Wirkungsort zurück. Mit Vergnügen.
Helen Busslinger-Simmen
Nicht wegen Überlastung oder Frustration hat Patzen das Kantonsspital Ende 2007 verlassen. „Ich betrachtete es als Chance
für neue Erfahrungen, an ein Spital mit ausgeprägt privatwirtschaftlichen Unternehmungs-Grundsätzen berufen zu werden.“ Nicht zuletzt
reizten ihn die grösseren eigenständigen Entscheidungsspielräume des Spitals Lachen. Seine Familie blieb hier, und er wohnte in einer
Kleinwohnung in Lachen. Im Rückblick scheint der Ortswechsel von Anfang an nicht endgültig gewesen zu sein.
Ausgezeichnete Mitarbeiter in Altdorf
Am neuen Wirkungsort war- besonders im ersten halben Jahr – ein neues Kaderteam im betriebswirtschaftlichen Bereich zu bilden.
„In jahrelanger Zusammenarbeit entstand in Altdorf ein ausgezeichnetes Team, das ich schon gelegentlich vermisst habe.“ Zusammen
mit seinen Kadermitarbeitenden gelang es ihm am Kantonsspital Uri, in vielen strategisch wichtigen Bereichen innovative und gelungene
Projekte umzusetzen. Beispiele sind der Aufbau im IT-Bereich, die Umsetzung neuern Finanzierungs- und Kostenrechnungs-Systeme oder
das Risikomanagement.
Patzen sagt zu seinem Ortswechsel: „Es ist reizvoll, an einem neuen Ort andere Herausforderungen anzupacken. Einige arbeitsintensive
Projekte waren jedoch eine Wiederholung des in Altdorf Realisierten unter andern Rahmenbedingungen.“ Der entscheidende Grund, wieder
nach Altdorf zu blicken, lag jedoch im persönlich-familiären Bereich. Informelle Gespräche mit dem Spitalrat des Urner Kantonsspitals führten
zum Entscheid, die Zusammenarbeit im November 2008 wieder aufzunehmen.
Ökonomie eine ethische Sache
Patzen verweist vor dem Hintergrund der aktuellen Kostendiskussion im Gesundheitswesen auf die zunehmend knappen Ressourcen
für öffentliche Aufgaben: „Die Diskussionen sind voll von Zielkonflikten. Da werden häufig Sparen und Gesundheitswesen so dargestellt,
als würde das nur auf Kosten der sozialen Gerechtigkeit oder der Qualität gehen.“ Nach Patzen dezidierter Meinung heisst „gut wirtschaften“
einfach, dafür besorgt sein, dass der Franken am richtigen Ort die höchste Wirkung erzielt.
So gesehen ist Ökonomie eine hochgradig ethische Sache. Patzen: „Darum verlangt es nicht nur das heutige Umfeld, bei der Patientenbehandlung
auf die Kosten zu schauen. Das ist durchaus auch eine ethisch qualifizierte Aufgabe.“ Das Kantonsspital hatte in den Jahren 2003-2007 ein
sehr geringes Kostenwachstum. Dass die Einführung der „Diagnose bezogenen Fallpauschale“ dabei unterstützend wirkte, davon ist Patzen
überzeugt.
Grosse Herausforderungen
Künftig werden grosse Anstrengungen nötig sein, um im Kostenwettbewerb mitzuhalten. Patzen: „Es gilt, trotz zunehmender Zielkonflikte
im Gesundheitswesen und besonders in der Spitalführung Kurs zu halten.“ Klar ist, dass die Aufgaben eines Spitaldirektors immer vielfältiger
werden und schnelle Anpassungsfähigkeit verlangen. Denn die Konkurrenz- und Wettbewerbskräfte werden auch für Spitäler immer stärker.
Nach Patzens Erfahrung gilt: „Wettbewerbsfähig bleiben heisst, dem wirtschaftlichen Druck aktiv zu begegnen und gleichzeitig die Qualität zu
verbessern, mindestens aber zu halten.“
Patzen ist vorbereitet, solche Herausforderungen anzugehen. Nach dem ersten Studienabschluss in Theologie/Psychologie machte er an
der Hochschule St. Gallen für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften das Lizenziat und promoviert zum Dr. oec. In der Folge war er als
Leiter des ehemaligen Forschungsinstituts für Management im Gesundheitswesen St. Gallen an vielen wissenschaftlichen und beratenden
Projekten vorwiegend im Spitalwesen beteiligt.
Im Jahr 2002 entwickelte er ein Spitalplanungskonzept für den Kanton Schwyz. Zahlreiche Publikationen liessen Fachleute aufhorchen.
Heute engagiert sich Patzen ausserhalb des Kantons Uri in verschiedenen Gremien und wird für Seminare und Vorträge eingesetzt.
Zurück in die „Heimat“
Trotz oder wegen der Veränderungen im Aufgabenportfolio eines Spitaldirektors fühlt sich Patzen heute wieder im Kanton Uri zuhause.
„Ja, es ist meine Heimat geworden!“ sagt er und verweist auf seine vorhergehenden Aufenthalte in Zürich, Malens, St. Gallen und Wolfhalden,
die ihm weniger gefielen als das Leben im Kanton Uri.
Warum er sich hier heimisch fühlt, hat auch mit seiner Wohnung am See zu tun. „Die steil abfallenden Felsen erscheinen bei besonderem
Licht wie Elemente einer überdimensionierten Kathedrale“, sagt er. Aber er ist kein Bergsteiger, der die höchsten Höhen erklimmen will.
„Der Anblick der Berge bei verschiedenen Licht- und Wetterverhältnissen ist allein schon ein Erlebnis.“