Spital Altdorf statt Spital Sydney
Helge Binder, Chefarzt Gynäkologie im Kantonsspital Altdorf, gibt Auskunft über Neuerungen
Der 50jährige Helge Binder stammt aus Bayern, studierte Medizin in München und habilitierte sich in Erlangen,
bereiste als Fliegerarzt der deutschen Luftwaffe die Welt und wurde Gynäkologe und Geburtshelfer.
Er zog die Stelle als Chefarzt in Altdorf trotz anderer Angebote (etwa in Sydney) vor.
Helen Busslinger-Simmen
Dass Binder als Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe ausgerechnet im Kantonsspital Altdorf arbeiten will, versetzt vor allem
Schweizer Ärzte in Staunen. „Warum gerade Altdorf?“ fragen sie, „du bist zu Höherem berufen.“ Über solche Reaktionen kann
Binder nur schmunzeln. Denn ihm gefällt es in „seinem Spital“ und in der in der Innerschweiz, er liebt die Verantwortung in kleineren Spitälern,
schätzt ein gut eingespieltes Team, liebt die Berge und hat grosse Achtung von der schweizerischen Demokratie.
Binder wohnt mit seiner Frau in Flüelen, sie haben keine Kinder. Das bewog ihn, sich der Fortpflanzungsmedizin zuzuwenden.
Denn er ist spezialisiert in der Endokrinologie und Fortpflanungsmedizin und habilitierte in diesem Schwerpunkt an der
Universitätsklinik in Erlangen. Auch im Spital Altdorf berät er Kinderwunschpaare, zeigt ihnen Möglichkeiten auf und weist sie
an Fachstellen weiter. „Auf diesem Gebiet gibt es Neuerungen verschiedener Art, die ich als Leiter des Universitätszentrums
für Fortpflanzungsmedizin Franken angewandt habe“, berichtet Binder.
Optimaler Wirkungsort
„Ich wurde im Spital Altdorf mit Wohlwollen empfangen“, freut sich Binder. Sofort nahm er Aufgaben in Angriff, die eher neu waren,
etwa Massnahmen gegen Inkontinenz. „Es gibt heute verschiedene Möglichkeiten, bei Inkontinenz zu helfen, auch ambulant oder
endoskopisch (mit Schlüsselloch-Operationen). Bislang waren die Patientinnen stets zufrieden und froh, nicht mehr diesem lästigen
Leiden ausgeliefert zu sein.“
Binder hofft, dass es sich herum spricht, dass man im Spital Altdorf bei Inkontinenz fachmännische Hilfe findet. Mit alternativen
Methoden hat er keine Mühe, ist er doch auch Akupunktur-Arzt. An den Urnerdialekt hat er sich rasch gewöhnt, überhaupt gibt er seinen
Patienten ein gutes Zeugnis: „Die Urnerinnen und Urner sind auf gute Art bodenständig und sehr dankbar für jede Hilfe.“
Anfänglich grosser Zeitaufwand
Binders Ziel, eine moderne gynäkologische Abteilung aufzubauen, erforderte viel Zeit und Kraft. Gewöhnungsbedürftig war der Zwang
zur fachlichen Kooperation mit Zentrumsspitälern. Auch die Nachtdienstwochen mit durchgehender Rufbereitschaft sind deswegen belastend,
weil der nächste Tag (mit Operationen) wie gewohnt weiter geht. Zeitaufwändig nach einem grossen Personalwechsel war die Suche
nach guten Mitarbeitenden, mehreren MPA’s, Assistenzärztinnen und einer Oberärztin.
Dass „sein Spital“ gerade bei der Geburtshilfe heute auf dem neuesten technischen Niveau ist, freut Binder besonders. Anfangs nächstes
Jahr wird auch die Mammographie im Spital angeboten, sodass die Urnerinnen nicht mehr weiter reisen müssen. Die Berggipfel, die bei
schönem Wetter locken und verführen, hat Binder aus Zeitmangel noch nicht besteigen können. Bei einigen Bergerlebnissen ist seine
Leidenschaft neu erwacht. Aber die faszinierende Arbeit im Spital wird immer an erster Stelle stehen.
Kantonsspital gut gerüstet für die Zukunft
Binder ist überzeugt, dass die Regierung mit einem gut geführten und vom Volk akzeptierten Spital den Standort Uri fördern will.
Schon seit einigen Jahren arbeitet man hier bereits mit Fallpauschalen (DRGs), die ab 2012 schweizweit obligatorisch werden.
In diesem Bereich ist man andern Spitälern um Jahre voraus. Auch die Zusammenarbeit mit dem Spital Luzern gestaltet sich zur Zufriedenheit.