Nicht mehr von Uri losgekommen
Wie Augenarzt Roman Osusky in Uri hängen blieb
Roman Osuskys hatte in Altdorf eine Praxis, die ihn Tag und Nacht in Atem hielt. Als er an einem Burnout litt,
machte er eine Auszeit. Heute arbeitet er wieder als „Augenarzt aus Leidenschaft“, wie er betont. Er will im Kanton Uri Wurzeln schlagen,
wenn es möglich ist.
Helen Busslinger-Simmen
Der Anfang seiner Tätigkeit war ungewöhnlich hart. Als Osusky im Jahr 1997 mit dem Aufbau der Praxis begann, war die Agenda übervoll, -
der Kanton Uri war damals augenmedizinisch unterversorgt. Viele Patienten hatten schwere Augenkrankheiten, die behandelt werden
mussten. „Ich arbeitete fast bis zum Umfallen“, so Osusky. Zu seiner grossen Überraschung waren seine vier Kinder, die zuerst partout
nicht ins Urnerland zügeln wollten, innert Kürze integriert. Auch seine Frau, eine Philippinin, musste keine Diskriminierungen erleben.
Das urnerische „Feeling“ verstehen
Es lag Osusky von Anfang an viel daran, seine Patienten nicht oberflächlich zu behandeln, sondern auch auf ihre Gemütsverfassung
einzugehen. Osusky: „Die Urner sind von Natur aus vorsichtig und haben eine gewisse Scheu vor Krankheiten, sind aber sonst heitere
Menschen.“ Osusky schätzt es, wenn seine Patienten bodenständig sind und ein natürliches Verhältnis zum Leben und zu Krankheiten haben.
Deshalb behandelt er eigentlich am liebsten Bauern und Ordensleute.
Die Lektüre des Buches von Eduard Renner „Der goldene Ring über Uri“ hat mir sehr geholfen“, betont der Augenarzt. Dass der Landarzt
Renner auf diese Art die „Urnerseele“ erforschte, findet er einmalig. Das Christliche, das Animistische und das Magische, das Renner
beschreibt, verhalfen Osusky zu einem tieferen Verständnis seiner Patienten.
Burnout eines Arztes
Nach einiger Zeit forderte die Überlastung in der Praxis von Osusky ihren Preis, es kam zu einem Burnout und zur Scheidung von seiner
Partnerin. Beides war ein starker Einbruch in seinem Leben. „Um weiterhin als Arzt wirken zu können, musste ich meine persönliche
Sache in Ordnung bringen“, erklärt er. Seiner Meinung nach kann nur ein gesunder Arzt, der die Balance von Arbeit und Freizeit beherrscht,
seinen Patienten helfen.
Was viele Patienten ärgerte, traf dann ein: Osusky löste die Praxis auf. Um wieder weiter arbeiten zu können, musste er sich um jene Dinge
kümmern, die seine seelische und körperliche Gesundheit herstellten. Er befasste sich mit Psychologie, Homöopathie und Hypnose und
wollte aus Uri wegziehen. „Doch ich blieb hangen – glücklicherweise. Der so genannte Praxisstopp war für mich ein Glücksfall. Heute fühle
ich mich mit Uri verbunden, mehr denn je!“ so Osusky.
In Balance bleiben
Osusky versucht, nicht mehr in die „Arbeitssucht“ zurück zu fallen. Seine Tätigkeit als Oberarzt, die Ausbildung in Chirurgie, Weiterbildungen
in Amerika und eine optimal eingerichtete Praxis befähigen ihn, das ganze Spektrum der Augenheilkunde abzudecken. Aber er hat erfahren,
dass Arbeit nicht das ganze Leben ist: „Ich schätze es, dass die Urner so kontaktfreudig sind. So trat ich dem Jägerverein bei, pflege die
Geselligkeit, halte mich in den Wäldern auf, spiele Trompete und werkle im Garten.“
Osusky: „Wer zu viele Patienten aufnimmt, lebt in ständiger Überforderung, was sich fatal auswirken kann.“ Der plötzliche Herztod von nahen
Verwandten öffneten ihm die Augen: „Heute bin ich mit Leib und Seele Arzt, aber es spielen auch andere Dinge eine Rolle: Die einzigartige
Natur hier, körperliche Bewegung, Freundschaften.“ Wichtig sind für Osusky die Kontakte mit Optikern und Kollegen, von der er – wie er sagt -
persönlich und für die Praxis viel gewinnen kann.