Ist doch kein Drama
Franz: Hattest du ein schönes Weihnachtsfest? Hanni: Ja, mit Zwischenfällen. Der Truthahn, den ich auftischte, war nicht durchgebraten und musste nochmals in den Ofen. Ich war zündrot im Gesicht. Franz: So rot wie das Innere des Truthahns? Aber das ist doch kein Drama. Bei uns war meine vollschlanke Schwester unglücklich, weil sie ein Buch mit dem Titel „Schlank statt fett“ erhielt. Sie erholte sich erst wieder beim Dessert, das besonders kalorienreich war. Hanni. Ist ja kein Drama, eigentlich. Bei uns hat es die Katze fertig gebracht, unsere antike Christbaumkugel zu zerschmettern. Franz: Ja dü seisch! Geärgert habe ich mich über unsere Teenager, die sofort nach dem Essen anfingen, mit ihren Iphones ihre Freunde anzurufen. Sie wollten ja nur ein Treffen abmachen, sagten sie. Hanni: Ist auch kein Drama! Wir wissen ja, wie die Jungen gestrickt sind. Ohne Kontakte via Iphone und ähnlichem können sie nicht existieren. Franz: Als der Geschenkrummel vorbei war, stoben unser Teenies mir nichts dir nichts aus dem Haus. Zu wichtigen Treffen. Hann: Dann hattet ihr wenigstens Ruhe! Franz: In der Mitternachtsmesse sah ich, dass neben mir der Nachbar war, mit dem wir seit Monaten im Streit sind. Wegen einem Strauch, der uns die Aussicht nimmt. Und jetzt sangen wir zusammen „Stille Nacht“. Franz: Am schönsten sind Weihnachtsfeste mit kleinen Kindern. Sie sind nicht abgebrüht und können sich noch freuen. Hanni: Aber sie zeigen auch im ungünstigsten Moment ihre Gefühle. Der Kleinste wollte nichts essen, weil seine ältere Schwester neben ihm sass. Franz: Es liegt in diesen Tagen viel „Konflikt-Material“ in der Luft. Hanni: Ich habe Mühe, mit meinem Schwiegersohn klar zu kommen. Er ist ein Veganer und vertritt seine Ansichten mit dramatischem Unterton.¨ Franz: Ist ja eigentlich kein Drama, wenn du seine Meinung respektierst. Hanni: Wir finden die Art und Weise nicht, mit der wir einander begegnen können. Auch an Weihnachten nicht.v Franz: Als Kind habe ich nie verstanden, warum Hausfrauen sagten, sie seien froh dass die Festtage vorbei seien. Jetzt verstehe ich das. Hanni: Immerhin gibt es wunderbare Musik in Radio und Fernsehen. Die Freude daran kann mir niemand nehmen. Franz: Ich singe gern, und ich kann ein Heiliger Abend ohne Gesang fast nicht akzeptieren. Aber unser Gesang tönte kläglich. Hanni: Ist ja auch kein Drama. Lieber falsch singen als gar nicht singen.