Glossen

Folgende Glossen sind im
Urner Wochenblatt erschienen:

Vom schmalsten Trottoir überhaupt.

Hanni: Gestern habe ich fast einen Unfall provoziert. Ich wollte von der Schmiedgasse zur Bäckerei Tresch und bin gestolpert. Fast wäre ich auf die Fahrbahn gefallen.
Franz: Ja dü seisch! Um welche Zeit?

Hanni: Abends um sechs Uhr.
Franz: Zu dieser Zeit geht man nicht ins Dorf. Man weiss, dass dann die Abgase die Luft verpesten und überall Stau und Lärm sind.

Hanni: Ich gehe durch Altdorf dann, wenn ich etwas erledigen muss.
Franz: Du hast Recht. Im Altdorfer Dorfkern ist eine Luft- und Lärmsituation, die ihresgleichen sucht. Autos stehen Stossstange an Stossstange.

Hanni: Das Trottoir ist zu schmal für Leute mit Taschen und für Kinderwagen. Und in der Häuserschlucht bleiben die Schadstoffe hängen. Letzthin war meine Nichte mit ihrer Familie auf Besuch. Gut gelaunt spazierten sie durch Altdorf, zur Hauptverkehrszeit. Sie sagten, der Verkehr im Zentrum sei schlimmer als in der Stadt.
Franz: Ja dü seisch! Aber die Altdorfer Bevölkerung hat reagiert! Sie hat dem Rahmenkredit „West-Ost-Verbindung“ zugestimmt, und zwar wuchtig. Der 18. Oktober 2015 war ein Glückstag für das vom Verkehr geplagte Altdorf. Die unhaltbaren Zustände im Zentrum werden eliminiert.

Hanni: Das ist für die dortigen Geschäfte ein Vorteil. Vor allem, weil der Zulieferdienst gewährleistet ist.
Franz: Ich bin stolz auf die Vorschläge der Baudirektion. Denn die Verkehrswege bei uns sind kompliziert und fordern heraus.

Hanni: Ich freue mich, dass ich später durch die Schmiedgasse spazieren kann und das „kleinste Trottoir überhaupt“ nicht mehr nötig ist.
Franz: Dann müssen wir uns nicht mehr schämen, wenn Auswärtige und Touristen staunen über Gestank und Lärm im Altdorfer Zentrum. Ich hörte mal sagen: Tut die Regierung nichts? Wie kann man eine solche Verkehrssituation ertragen? Und dies einige Meter von der wackeren Sagengestalt Tell entfernt?

Hanni: Mir dreht sich litaneimässig der Satz aus dem Tellspiel im Kopf herum: „Geh nicht nach Altdorf, Tell!“. Das sagt ja seine Frau Hedwig zu ihm.
Franz: Wenn die Verkehrsberuhigung gelungen ist, kann man den Satz aus dem Telldrama umkehren: „Geh nach Altdorf, Tell!“. Denn über kurz oder lang gehört die Schmiedgasse dem Volk.