Bekannter Schweizer Schauspieler mit Urner Wurzeln
Der in Erstfeld aufgewachsene Hanspeter Müller-Drossaart ist ein gefragter Schauspieler und Sprecher bei Theater,
Film und Radio. Seine Urner Wurzeln kommen immer wieder zum Tragen und begünstigen seine künstlerische Arbeit.
Helen Busslinger-Simmen
In Erstfeld ist er aufgewachsen. Im Eisenbahnerdorf am Gotthard hat Hanspeter Müller-Drossaart die Primarschule besucht und dabei „Gegenwelten“
erfahren: Einerseits Verwurzel-Sein an einem Ort, andererseits Sehnen in die Weite. Es waren Kindheitserlebnisse, die vielleicht den
Schauspieler-Virus in ihm mitentwickelt haben. Nach seiner Ausbildung zum Schauspieler und Theaterpädagogen an der Zürcher Akademie, langen
Jahren in der freien Theaterszene und am Theater am Neumarkt in Zürich wurde er ans Burgtheater Wien engagiert. Eine Auszeichnung,
die jedem deutschsprachigen Theaterkünstler schmeichelt. In die Schweiz zurückgekehrt, steht er als Mario Corti für den neuen Film über das
Grounding der Swissair vor der Kamera.
Begegnung mit Urner Kultur
Immer wieder begegnet Müller-Drossaart auf seiner beruflichen Bahn der Urner Kultur und ihren Trägern. Bei der neuen Playback-Fassung für das
Urner Krippenspiel von Heinrich Danioth gestaltete er die Stimme des Teufels und staunte über die vielschichtige Begabung des grossen Urner Malers
und Schriftstellers. „Überhaupt unterschätzt man draussen immer wieder den kulturellen Reichtum und die vitale Vielfalt des kleinen Bergkantons Uri“,
sagt Müller-Drossaart.
In Fredi Murers Film „Vollmond“, der im Kinojahr 1998 der erfolgreichste Schweizer Film war, spielte er die Hauptrolle als Kommissar Wasser.
Er erinnerte sich gern an die Szenen, die im Maderanertal gedreht wurden – eine Landschaft, die er aus der Kindheit kannte: „Es war, als ob ich als
Erwachsener meine Vergangenheit besuchen würde. Ein Kreis schloss sich.“ Schon als junger Schauspieler begegnete Müller-Drossaart eine berührende
magische Sage: In Hansjörg Schneiders „Sennentunschi“ spielte er die Rolle des unschuldigen Buben Mani. Das Theaterstück wirbelte damals viel
moralischen Staub auf und bewegte die ganze Schweiz.
Von Sprachlosigkeit zur Sprache
Dass Müller-Drossaart, der neben seiner Arbeit als Schauspieler auf der Bühne auch in den Radiostudios von Bern, Basel, Zürich und Frankfurt
viele Hörspielproduktionen mitgestaltet, stand nicht in den Sternen geschrieben. „In meiner Familie wurde nicht viel gesprochen. Man sprach in halben
Sätzen, Andeutungen, der Tonfall spielte eine grosse Rolle. Man musste immer interpretieren, den Kern hinter dem Murmeln erahnen“, erinnert er sich.
Hanspeter Müller-Drossaart ist ein gebürtiger Obwaldner. Dass er ein besonderes Verhältnis zur Sprache hat, wird klar, wenn er sagt, wenn er seine beiden
Heimat-Dialekte aus Uri und Obwalden beschreibt: „ Die Urner Mundart sitzt träf, genau verkantet, wie zwischen Granitblöcken, trotzdem ruhig und warm.
Das Obwaldner Idiom plätzschert bunt verspielt und blumig daher.“
Während seiner Internatszeit am Gymnasium Sarnen hat Müller-Drossaart das Theaterspielen und die Sprache entdeckt: „Das Angestaute, das
Gesammelte explodierte, wurde zum Sprachfluss, zum Sprechtanz. Eine Gegenwelt zur Wortkargheit der Bergler. Die gewaltige Dynamik der Sprache
hat mich gepackt.“
Spielen und Lehren
Nach zwei intensiven Jahren im Marthaler-Ensemble am Schauspielhaus Zürich arbeitet Müller-Drossaart heute frei und ist unter anderem am Stadttheater
Luzern in Sean O’Casey’s Stück „Das Ende vom Anfang“ zu sehen. Es ist eine witzige Slapstick-Komödie aus der Bauernwelt. Daneben unterrichtet er als
Dozent an der Theaterhochschule Zürich.
Hanspeter Müller-Drossaart ist im Verlauf seiner Theatertätigkeit zu einer vielfältig wandelbaren Theaterfigur geworden, mit immer ganz neuen Gesichtern.
Das ist eine immense Arbeit. „Die ständige Auseinandersetzung mit fremden Figuren ist eine grosse Herausforderung“, stellt er fest. Deshalb sei es wichtig,
als Schauspieler eine starke innere Heimat zu haben: „Meine Heimat im Kanton Uri hat starke Wurzeln.“