Siebzehn Jahre lang hat Franz-Xaver Herger aus Schattdorf als Seelsorger und Gemeindeleiter im zürcherischen Dorf Hausen am Albis gewirkt.
Als junger Laientheologe nahm er das, was die Pfarrei brauchte, mit Elan an die Hand. Er gestaltete Gottesdienste, predigte, war in der Jugendarbeit tätig,
wirkte als Vereinspräses, befasste sich mit Glaubensfragen und gestaltete die Erwachsenenbildung. Kurz: Er leitete die pfarrerlose Gemeinde. 1990 liess sich
Herger zum Diakon weihen.
Heute hat Herger ein Amt an höchster Stelle im Generalvikariat Zürich, er widmet sich – zusammen mit Bischof Vollmar - der Stellenbesetzung,
den Personal- und Pastoralfragen. Vor ihm waren es immer Priester, welche dieses Amt übernommen hatten.
Vom Dorf ins kirchliche Zentrum in der Stadt
„Früher lagen meine Aufgaben sozusagen vor der Tür, heute pendle ich von Aeugst am Albis in die Stadt“, bemerkt Herger und stellt fest, dass der
Stellenwechsel einschneidend ist. „Der Schritt von der Gemeindeseelsorge in den kirchlichen Führungsstab war ein grosser Schritt“, sagt er; als engagierter
Theologe und Diakon nimmt er diese Herausforderung an. Auch hier, an der Seite des Bischofs, will er für Menschen da sein.
Für dieses Amt hat er sich nicht beworben, er wurde berufen. Da Herger einige Jahre als Mitglied der Zentralkommission (die Exekutive der katholischen
Körperschaft im Kanton Zürich) war, kennt er den Themenkreis der Aufgaben in Katholisch Zürich. Die vielfältigen Problemkreise sind ihm vertraut, er ist ihnen
sowohl in Pfarreien wie in der Zentralkommission begegnet.
Mit Kindern im Pfarrhaus
So ungewöhnlich wie Hergers Einzug in die kirchliche Leitung ist, so ungewöhnlich war damals auch der Einzug ins Pfarrhaus. Mit vier kleinen Kindern ist er
als Laientheologe und Gemeindeleiter ins Pfarrhaus Hausen am Albis eingezogen, zum Staunen der Gemeinde. Damals war es noch nicht üblich, dass eine
Familie im Pfarrhaus wohnte. Die Pfarreiangehörigen begegneten Herger – nach einer kurzen priesterlosen Zeit – mit grossem Wohlwollen. Herger: „Die
Kinder brachten Leben ins Pfarrhaus, meine Frau erledigte nebenbei das, was in einem Pfarrhaus anfällt - ein Glücksfall für die Gemeinde.“
Für die vier Buben war es interessant, das kirchliche Leben aus nächster Nähe zu erfahren, nie war es langweilig im Pfarrhaus. Herger: „Die grossen
kirchlichen Festtage erlebte meine Familie im Gottesdienst. Erst dann, wenn ich meine Aufgaben erfüllt hatte, gingen wir miteinander nach Hause. Letztes
Jahr habe ich zum ersten Mal seit 17 Jahren an Weihnachten nicht gepredigt und die freien Tage mit der Familie genossen“, schmunzelt er.
Ein Beruf mit Zukunft
Als Familienvater erlebte Herger im kirchlichen Dienst, dass Verheiratetsein kein Nachteil war. Im Gegenteil: Die befriedigende Tätigkeit als Gemeindeleiter
und Jugendseelsorger, Kontakte mit Menschen jeden Alters, ein grosszügig konzipiertes Pfarrhaus mitten im Dorf hatte für die ganze Familie viele
Vorteile. Zunehmend übernahm Herger auch Aufgaben über die Pfarrei hinaus. Heute wundert er sich ein wenig, dass sich nicht mehr junge Leute
für kirchliche Dienste interessieren.
Nach seiner Erfahrung ist das Spektrum der Aufgaben weit und spannend, immer stehen Menschen mit ihren Freuden und Leiden im Mittelpunkt, der
Zaun ist weit gesteckt und die Möglichkeiten zur eigenen Entfaltung sind gross.
Als Diakon mehr Kompetenzen
Vor 14 Jahren liess sich Herger zum Diakon weihen. Als Diakon ist ihm erlaubt, kirchliche Trauungen vorzunehmen und die Taufe zu spenden. Dies ist für den
Aufbau einer Gemeinde sehr wichtig. Herger: „Für mein Selbstverständnis in leitender Funktion verstärkte diese Weihe meine Verbundenheit mit der Kirche und
mein Engagement für die Menschen. Zudem empfand ich es für meine persönliche Spiritualität als wichtigen Schritt.“
Die neue Arbeit ist spannend und spannungsvoll. Herger Aufgabe an der Seite des Bischofs besteht darin, das kirchliche Personal in den Kantonen Zürich
und Glarus zu unterstützen, zu fördern, zu begleiten und mitzuhelfen, eine zeitgemässe Seelsorge zu verwirklichen.
Auf die Gemeinden hören
„In unserer Personalpolitik versuchen wir, Entscheide nicht einfach durchzusetzen, sondern mit Betroffenen nach Lösungen zu suchen, sowohl für die
Seelsorgenden wie für die Behörden, betont Herger und fügt bei. „Wir hören, was die Beauftragen in der Seelsorge wollen, was sie beschäftigt, was sie
brauchen.“ Paul Vollmar sei ein gutes Beispiel gelebter Demokratie und Subsidiarität. Zusammen geht man Aufgaben pragmatisch an und schreckt nicht
vor schwierigen Fragen zurück.
Sorgen hat man im Bistum Chur mehr als genug. Das erlebt Herger auch im Personalrat Chur, wo es ums ganze Bistum geht, auch um die Seelsorge im
Kanton Uri. Nicht nur das Personal fehlt, die Bedeutung der Kirche schwindet in unserer Gesellschaft, - aus verschiedenen Gründen. Herger: „Die Menschen
suchen Antworten auf ihre Fragen nach dem Sinn des Lebens an verschiednen Orten, einige geben sich mit Oberflächlichkeiten zufrieden.“
Auch die Tatsache, dass sich die Jungen nicht mehr leicht ansprechen lassen, macht zu schaffen. Herger ist überzeugt, dass wir auch heute im Evangelium
Antworten finden auf die Fragen unserer Zeit und weist darauf hin, dass die Leistungen der Kirche unterschätzt werden.
Über die Zäune schauen
Herger ist es gewohnt, über die eigene Befindlichkeit hinaus zu blicken und das zu tun, was sich als not-wendig herausstellt. Nach dem Besuch der
Schulen in Schattdorf und Altdorf hat er die Matura gemacht, in Luzern und Tübingen studiert und eine berufsbegleitende psychologische Ausbildung im
Szondi-Instiut in Schicksalspsycholigischer Beratung gemacht.
In den Kanton Zürich kam er durch Zufall. Wegen der Berufstätigkeit seiner Frau gelangte er ins Säuliamt nach Affoltern am Albis und fand nach
einem „Abstecher“ nach Pfäffikon in Hausen am Albis seine seelsorgerlichen Aufgaben als Gemeindeleiter.
Die Stelle beim Bischof ist wieder ein neuer Schritt. Und die Beziehung zum Kanton Uri? Herger: „Mit meiner Frau Irene, die in Unterschächen
aufgewachsen ist, verbrachten wir die Ferien mit den Kindern oft im Urnerland, mit Vorliebe im Schächental. Auch leben unsere Verwandten hier.Mit
Jugendlichen aus meiner Pfarrei hat es mich öfters ins Riedertal gezogen, wo ich ihnen das Wallfahren beizubringen versuchte.“
Hergers Söhne sind inzwischen zu jungen Männern herangewachsen. Im Freundeskreis sprechen sie Zürcherdialekt, wenn sie mit den Eltern reden,
erkennt man in ihnen die Urner. Herger: „Bei meinen Besuchen im Urnerland staune ich jedes Mal neu über die Pracht der Landschaft, der Urner Berge.
Zudem: Die Erinnerungen an meine Jugendzeit in Schattdorf und Altdorf blieben lebendig – da sind meine Wurzeln.“