Exil Urnerinnen und Urner

Folgende Porträts erschienen
in der Neuen Urner Zeitung
bzw. im Urner Wochenblatt (*)
Irene Marty

Von jenen, über die niemand redet

Irene Martys Burma-Filme aktueller denn je

Irene Marty hat in Burma-Filme gedreht, die viel in Bewegung gebracht haben. Ihre Dokumentarfilme sind begehrt und werden im Fernsehen zu optimalen Sendezeiten ausgestrahlt.

Helen Busslinger-Simmen
Zurzeit sind Irene Martys Dokumentarfilme über Burma sehr gefragt. Dieses Land, das eine Zeitlang von der Welt vergessen worden ist, weckt wegen den dramatischen Folgen des Wirbelsturms „Nargis" das Mitgefühl anderer Staaten und Nationen. Irene Marty: „Ich weiss schon lange von der Brutalität der Militär-Junta und habe sie auch dokumentiert. Immer muss zuerst Schlimmes passieren, bis die Welt endlich hinschaut."

Wertvolle Kenntnisse über Land und Leute

Irene Marty hat Burma auf einer ihrer grossen Reisen entdeckt und dieses Land und seine Leute sofort in ihr Herz geschlossen. Mit eigenen Augen sah sie bei nachfolgenden Reisen, wie sich das Land mit der Militärjunta verändert hat. Sie drehte 1998 ihren ersten Burma-Film „Mingalaba", dann folgte „Im Schatten der Pagoden"; ein Film, der sich mit der dramatischen Situation der Minderheiten unter der Militärdiktatur auseinandersetzt. Der Film weckte sofort das Interesse der Medien und wurde an vielen internationalen Filmfestivalen vorgeführt.

Auf die Hintergründe des zweiten Burma-Films „Ausgeschafft" wurde Irene Marty durch besondere Umstände aufmerksam. Als sie im Jahr 2004 in Genf Jahr den Film „Im Schatten der Pagoden" zeigte, wurde ihr von einem Unbekannten anvertraut, ein Burmese erhalte in der Schweiz kein Asyl, ihm drohe die Ausschaffung mit anschliessendem Gefängnis. Unerschrocken und engagiert wie Irene Marty ist, ging sie der Sache nach.

Erfolgreiches Engagement für Entrechtete

Irene Marty rollte den Fall des zu Unrecht ausgeschafften Burmesen auf, ihre Recherchen führten sie zur Frau von Van Tha, die mit einem Sohn in Burma zurückgeblieben war. Von ihr erfuhr Marty, dass ihr Mann zu 19 Jahren Haft im schlimmsten Gefängnis von Burma verurteilt worden war. Damit konfrontierte sie die zuständigen Behörden in der Schweiz, das Bundesamt für Migration, das EDA und IKRK. Die Behörden stellten der Ehefrau und dem Sohn Asyl in Aussicht, die beiden konnten in die Schweiz reisen und erhielten umgehend Asyl.

Zum guten Ende konnte anfangs Januar 2008 auch Stanley Van Tha wieder in die Schweiz einreisen. Ganz unerwartete wurde er im November 2007, nach dem Aufstand der Mönche in Burma, aus der Haft entlassen und erhielt Asyl in der Schweiz.

Verdeckte Drehaufnahmen

„Burma ist anders, als es sich in den Touristenorten präsentiert", betont Irene Marty. Ihr liegt viel daran, dass die Öffentlichkeit weiss, was in Burma geschieht. Natürlich will die Militär-Junta vermeiden, dass die gravierenden Menschenrechts-Verletzungen bekannt werden. Irene Marty: „Um die Filmaufnahmen über das wahre Burma machen zu können, mussten wir verdeckt drehen und mehrmals illegal über die grüne Grenze ins Land reisen."

Gemäss den Beobachtungen von Irene Mary wird die Bevölkerung von Burma ausgebeutet, zwangsumgesiedelt, zu Zwangsarbeit genötigt und zum Schweigen verdammt. Trotz der schmerzhaften Unterdrückung haben sich ihr die Burmesen als überaus liebenswürdige und hilfsbereite Menschen gezeigt. Die Lage ist ernst. Auch Irene Marty würde sofort verhaftet, wenn sie wieder nach Burma einreisen würde.

Von jenen, über die niemand redet

Die meisten Filme von Irene Marty handeln von menschlichen Schicksalen, zumeist von Menschen, welche auf der Schattenseite der Gesellschaft stehen. Das hat seine Geschichte: Die erfolgreiche Filmschaffende wollte schon als Kind immer „zu den Indianern". Mit 21 Jahren reiste sie in die USA und blieb in San Francisco hängen. Ein deutscher Produzenten ermutigte sie, es als Filmschaffende zu probieren und bot ihre eine Stelle an. So arbeitete Irene Marty mehrere Jahre für diesen Produzenten des zweiten deutschen Fernsehens ZDF.

Als sie wieder in die Schweiz zurückgekehrt war, bot sich ihr die Möglichkeit, beim Schweizer Fernsehen eine Ausbildung zur Regisseurin zu machen. Doch Regie führen bei Sendungen wie Kassensturz und Rundschau, das war ihr zu wenig kreativ. Sie gründete das Unternehmen „Kairos Film", das später durch „apropos film GmbH" abgelöst wurde.

Bislang hat sie Irene Marty rund 20 Filme gedreht; sie berichtet von jenen, über die niemand redet. Sie drehte Dok-Filme über Mission und Entwicklungshilfe in Afrika, über das Leben der Massai, über den Uranabbau bei den Indianern, über Kokain und andere wichtige Themen. Als freie Filmschaffende produziert sie vorwiegend fürs Schweizer Fernsehen.