Was aus ihnen geworden ist

Folgende Porträts erschienen
im Limmattaler Tagblatt:
Katrin Bächli

Sie „gibt alles alles“ für die Integration von Jugendlichen

Als studierte Theologin fühlte sich Katrin Bächli beim Abschluss des Studiums mit 27 Jahren zu jung für die Arbeit in einer Pfarrei. Jetzt arbeitet sie als Jugendbeauftragte der Gemeinde Windisch und versteht es, mit Jungen verschiedener Szenen umzugehen.

Helen Busslinger-Simmen
Sie kennt die Welt der „Jungen Wilden“, der Jugendlichen der Hip-Hop-Szene und bewegt sich gewandt zwischen Jungen mit glänzenden Turnschuhen, umgedrehten Baseball-Kappen und funkelnden Ohrringen. Katrin Bächli, die Jugendbeauftragte der Gemeinde Windisch, ist für alle Jugendlichen da: Für jene, die in den Jugendvereinen aktiv sind und gern Workshops nutzen. Für jene, die täglich bei ihr aufkreuzen und zur Hip-Hop-Szene gehören.

Für Werte einstehen

Katrin Bächli will im Jugendhaus einen respektvollen Umgang unter den Kulturen vorleben. Sie legt Wert auf einen freundschaftlichen Ton und einen guten Umgang: „Ich verlange etwas und erwarte, dass die Jugendlichen einander respektieren. Wer sich nicht daran hält, gegen den oder die kann ich unerbittlich sein.“ Alle Kontakte sind für sie wichtige erste Schritte, die weiter führen müssen. Schliesslich sollen sich die Jungen in der Gemeinde ansiedeln und heimisch fühlen.

Katrin Bächli vertritt den Grundsatz, dass Materialien bezahlt und Räume nach Gebrauch gereinigt werden müssen. Umgekehrt versteht sie es, sensibel auf Bedürfnisse der Jungen einzugehen: „Meiner Erfahrung nach hassen sie Süffisanz und Gleichgültigkeit.“ Dass Teenager auf einfache Weise Spass haben wollen, ist Katrin Bächli klar, doch daneben stellt sie bei ihnen eine grosse Erwartungshaltung fest: „Sie erwarten von mir und eigentlich von allen Erwachsenen, dass wir ihnen Wege aufzeigen, die sie gehen können.“

Nach Katrin Bächlis Erfahrungen können gerade die Hip-Hoper sehr witzig und herzlich sein, sofern man sie zu verstehen versucht. „Ich unternehme alles, damit ausländische Jugendlichen sich zuhause fühlen und sich integrieren. Dabei gehe ich bewusst als Schweizerin auf sie zu und diskutiere mit ihnen über unsere Sichtweisen“, sagt die Dietikerin, und man glaubt es ihr. Ihr lautes und herzliches Lachen ist wohltuend, ihre Offenheit ansteckend. Damit hat sie schon manch harten Kerl rumgekriegt.

Aggressionen durchbrechen

„In der offenen Jugendarbeit geht’s oft laut zu“, stellt Katrin Bächli fest, „viele harte Ausdrücke sind aber bloss Spielerei. Im Umgang mit Cliquen müssen Spielereien von harten Machtkämpfen unterschieden werden. Auf einmal kann alles kippen, und es wird (tod)ernst.“ Damit es nicht zu wüsten Schlägereien kommt, ist Katrin Bächli ständig im Haus präsent und beobachtet aufmerksam, was sich abspielt.

Ihre Aufgabe besteht auch darin, bei Einschüchterungsversuchen und Dominanz-Gebaren einzuschreiten und Konflikte mit den Betroffenen zu regeln. Sie muss oft intervenieren und die Jungen dazu bringen, miteinander zu reden statt physisch oder psychisch Gewalt anzuwenden: „Bei Meinungsverschiedenheiten reden Mädchen und Jungen oft nicht miteinander. Sie rotten sich zusammen und reden übereinander, statt die Probleme unter den Betroffenen zu lösen.“

Für die einen wie für die andern

„Die Angebote hier im Jugendhaus sind ganz unterschiedlich“, sagt Katrin Bächli. Es gibt so genannte „niederschwellige“ Treffpunkte wie den „Schüler-innen-Treff“, der jeden Mittwochnachmittag für alle offen steht. Verantwortliche von Jugendgruppen erhalten eigene Abende, an denen sie ohne fremde Hilfe fantasievolle Events für Gleichgesinnte gestalten. Mädchen sind jeden Freitagabend im „Meitlitreff“ willkommen, sie haben den Abend zu ihrer freien Verfügung.

Beliebt sind die Workshops: Hier steht Aneignung von neuen Medien im Mittelpunkt, was vor allem von „zielbewussten“ Jugendlichen benutzt wird. Kürzlich fand ein Flyer-Workshop statt, an dem professionelles Gestalten von Bildern und das Layout von Flyern eingeübt wurde.

Flair für Basisarbeit

Katrin Bächli mag Auseinandersetzungen und setzt hartnäckig viel Zeit dafür ein: „Noch grenzen sich Gruppen voneinander ab. Zukunftsvisionen sind Treffen mit Angehörigen ganz unterschiedlicher Szenen.“ Nach Ansicht der Jugendbeauftragten sollen die Teenager nach und nach befähigt werden, ihren Träumen und Wünschen selbständig nachzugehen. Ein Ziel, das nur mit Geduld zu erreichen ist.

Eigentlich ist die 32jährige Dietikerin Theologin mit abgeschlossenem Studium; neben Theologie hat sie Soziale Arbeit studiert. In ihrem Studium lernte sie politische Engagements wie Menschenrechts- und Frauenbewegung und Befreiungstheologie kennen. Dabei hat sie Feuer gefangen.In der Basisarbeit fühlt sie sich wohl: „Ich liebe es, mich mit lokalen Wirrungen auseinander zu setzen und ringe gern mit der Basis um Lösungen.“ Dafür ist sie begabt - ihr Temperament und ihre Menschenliebe befähigen sie dazu.