Im Limmattal getroffen

Folgende Porträts sind im
Limmattaler Tagblatt erschienen:
Julia Onken

Unverschämte Neugier auf das Leben

Dietikon Lesung mit Bestseller-Autorin Julia Onken

Das Team der Stadtbibliothek rechnet mit einem Ansturm auf die Bibliothek und wird nicht enttäuscht: Rund 100 Personen folgen aufmerksam den temperamentvoll vorgetragenen Ausführungen der Bestseller-Autorin.

Helen Busslinger-Simmen
„Der Buchtitel ‚Eigentlich ist alles schief gelaufen’ passt im Grunde gar nicht zur erfolgreichen Autorin“, bemerkt zu Beginn der Lesung die Leiterin der Stadtbibliothek, Agnes Matt. Denn zum Erstaunen von Literaturkritikern und Buchhändlern werden alle Bücher von Julia Onken Bestseller. Agnes Matt weist auf den Untertitel des neuen Buches „Mein Weg zum Glück“ hin, zeigt den Widerspruch zum Titel auf und sagt, es gehe im Buch um ein unkonventionelles Leben mit Brüchen, mit Höhen und Tiefen.

Als Julia Onken temperamentvoll und unverblümt, wie es ihre Art ist, zu reden anfängt, hat sie ihr Publikum gleich im Sack. Sie spart nicht mit ironischen Bemerkungen, was fortlaufendes Gelächter auslöst, ist aber mit Ernst und Engagement bei der Sache. „Ich war immer neugierig, wie es weitergeht, auch in schlechten Zeiten“, bemerkt sie und berichtet, dass sie Lehrgeld bezahlt habe: Sie ist in eine unglückliche Ehe geschlittert, hat sich als alleinerziehende Mutter durchgeschlagen und ohne Aussicht auf Erfolg mit Schreiben begonnen.

Glück fällt nicht vom Himmel

„Glück fällt uns nicht einfach in den Schoss, wir müssen uns schon bemühen“, sagt Onken und stellt die These auf, Glücklichsein sei lernbar. Ihrer Ansicht nach ist Glück ein Einverständnis mit seinem Dasein, mit dem Leben, auch wenn es schwierig ist. Da Onken alles andere als eine Theoretikerin ist, verknüpft sie ihre Erkenntnisse mit Stationen ihres Lebens.

„Die Hände in den Schoss legen, auf scheinbare Sicherheiten bauen, sich in eine Opferrolle flüchten, seine Talente nicht ausschöpfen, das macht mit Bestimmtheit nicht glücklich“, sagt Onken und fügt bei, wer noch mit fünfzig Jahren seine Eltern für seine Misserfolge verantwortlich mache, sollte rasch umdenken.

Verantwortung nicht andern übergeben

„Wir haben doch eine Aufgabe und die Pflicht, in dieser Welt unseren eigenen persönlichen Beitrag zu leisten“, rief Onken den Anwesenden zu. Herauszufinden, wo der eigene Platz ist und was verändert werden kann, das müsse sich jede Frau (und jeder Mann) selbst überlegen: „Wir haben ein Potential an Fähigkeiten, das gilt es zu nutzen.“ Sie selbst hat stets neue Schritte gewagt und nach dem Psychologiestudium das Frauenseminar Bodensee gegründet. In dieser Schule wird dem Aufgabenbereich von Frauen in Familie und Erziehung Rechnung getragen; es werden modulare Ausbildungen angeboten.

Humorvoll berichtete Onken über die Herausforderungen, die mit dem Älterwerden beginnen und stellte übertriebene Erwartungen an Schönheit und Fitness an den Pranger. Die Zuhörenden merkten, dass Onken Fragen authentisch und hilfreich angeht - sie will ihre Erfahrungen mit andern Frauen teilen und lässt sich nicht davon abbringen.

Zum Schluss gibt es einige kritische Anmerkungen, die Onken gewandt kontert. „Von Männerfeindlichkeit habe ich den ganzen Abend nichts gespürt“, sagt ein junger Mann am Schluss zur Autorin.

Zupackend und unkompliziert

Beim Apéro gab es Gelegenheit, Erfahrungen mit Onkens Büchern auszutauschen. „Anfänglich gefiel mir die unverblümte Sprache der Autorin nicht. Nun muss ich zugeben: Die Bücher sind erfrischend“, bemerkte eine Lehrerin. Ein allein erziehende Mutter wies auf die ermutigende Haltung hin, die von der Autorin ausgeht und sagte: „Dass Julia Onken das Sicherheitsdenken in Frage stellt spricht mich an. Ich bin selbst in einer solchen Lage und brauche diese optimistische Lebenshaltung.“

Buchhändlerin Mengia Cincera von der Buchhandlung Scriptum wies darauf hin, dass Onken 1988 der Durchbruch mit dem Buch „Feuerzeichenfrau“, gelang – sie legte darin eine andere Sicht der so genannten Wechseljahre dar und machte mit ihrer Interpretation nicht nur in der Schweiz Furore. Mengia Cincera: „Interessant ist, wie Onken Denkmuster von uns Frauen aufdeckt, mit Kritik nicht spart. Leserinnen und Leser können davon profitieren.“