Er bringt selbst Steine zum Tanzen
Klassik getanzt unter dem Titel „Lass dich bewegen“
Der Konzertpianist und Musikpädagoge Jürg Lüthy hat eine neu Art von Musikvermittlung kreiert. Sie findet grossen Anklang.
Wer sich gern mit den berühmtesten Werken von Komponisten verschiedener Epochen befasst und nichts gegen Bewegung hat, ist in seinen Kursen
am richtigen Ort.
Helen Busslinger-Simmen
Beim Anhören klassischer Musik kann sich Heinz Meier, der als Abteilungsleiter eine Bürde von Aufgaben wahrnehmen muss, wunderbar erholen. Deshalb
besuchte er einen Kurs der Volkshochschule zum Thema „Klassische Musik“. In der Eile hatte er die Ausschreibung nicht richtig gelesen, deshalb war er
überrascht, als Kursleiter Jürg Lüthy die rund zwanzig Frauen und Männer einlud, sich zu Beethovens „Pastorale“ zu bewegen. Heinz Meier: „Als ich sah, wie
natürlich sich die andern verhielten, bewegten sich meine Beine wie von selbst.“ Am Schluss des Kurses outete sich der Manager bereits als Fan dieser
Art der Musikvermittlung. „Jürg Lüthy bringt selbst Steine zum Tanzen!“
Klassische Musik von den Altären runtergeholt
Wir sind gewohnt, klassische Musik in Konzertsälen und Kirchen zu hören, in festlicher Kleidung. Oder zuhause ab CD-Player, möglichst ungestört. Dagegen ist
nichts einzuwenden. Die Lust, sich dazu zu bewegen, ist versteckt oft auch da: Wer hat nicht schon in der eigenen Stube ein Konzert dirigiert, ganz unter
Ausschluss der Öffentlichkeit. Normalerweise jedoch überlässt man die Bewegung zu klassischen Meisterwerken lieber ausgebildeten Tänzerinnen und
Tänzern.
Jürg Lüthy hat den Schritt vom „reinen“ Hören zum „bewegten“ Hören gewagt. In den letzten elf Jahren hat er privat und an Volkshochschulen und
anderen Fortbildungsinstitutionen Kurse durchgeführt; über 70 Sinfonien und Solokonzerte wurden bisher Kursen tanzend erlebt. Zweifelsohne hat er die
Fähigkeit, klassische Musik näher an die Erlebniswelt der Menschen zu bringen, dorthin wo die Musik berührt, aufwühlt, erschüttert und beglückt.
Stehend, tanzend, sitzend, liegend
Im Lauf seiner Kurstätigkeit hat Jürg Lüthy eine Vielzahl von Methoden erprobt, die es ermöglichen, ein Musikwerk besser zu verstehen. Er sagt dazu: „Der eine
Teil dieser Musikvermittlung ist strukturiert. Ich lade die Teilnehmenden ein, hineinzuhören in verschiedene Passagen, Instrumente wahrzunehmen und
Stimmungen zu erfassen.“
Nach einem ersten Hineinhören in die Musik haben alle die Möglichkeit, die Musik frei auf sich wirken zu lassen. Einige sitzen, andere tanzen durch den Raum,
wieder andere stehen und schwingen im Rhythmus. „Nichts ist falsch“, sagt Jürg Lüthy. Man verlässt sich wie automatisch auf das Körpergefühl und wird oft eins
mit sich und der Musik.“
Tanz der Sinne
Heinz Meier: „Beim freien Bewegen schwingen alle Sinne mit: Die Ohren hören mehr als vorher, die Beine tanzen, die Augen sehen, wie andere sich von der
Musik mitnehmen lassen.“ Zweifelsohne ist dies inspirierend. Jürg Lüthy: „Das Geheimnis ist wohl das Gemeinschaftserlebnis. Man kann sich frei fühlen
und trotzdem gemeinsam erleben.“
Auf die Idee, sich zu klassischer Musik zu bewegen, kam Jürg Lüthy in der Arbeit mit Jugendlichen; er wollte sie über das Rhythmusgefühl ansprechen: „Ich
machte den ersten Versuch mit einer Mozart-Sinfonie. Wir standen im Kreis und bewegten uns im Takt. Ich spürte, dass etwas passierte, das ich nicht erklären
konnte. Es war eine andere Atmosphäre im Raum, der Zugang zu Musik, die Jugendliche normalerweise wenig interessiert, war geschaffen. Das war der Anfang.“
Jürg Lüthy ist überzeugt, dass grosse Musik unheimlich viel Energie, Mut und Vertrauen schenken kann. Seine Kurse wirken ungewollt therapeutisch.
Die Begeisterung der Teilnehmenden zeigt es: Wer sich zu klassischen Meisterwerken bewegt hat, hat diese grandiose Musik im Körper. Auf diese Weise
erlebte Musik wird nie mehr vergessen – der Körper erinnert sich!- - Um Interessierten eine breite Palette präsentieren zu können, bietet Jürg Lüthy Abend-
und Tageskurse und Wochenenden an.
Informationen sind erhältlich bei:
Jürg Lüthy