Schwerkranken Geborgenheit geben
Dietikon Limmattalk mit Elisabeth Müggler und Peter Schnüriger von der „wabe“
Im bis zum letzten Platz besetzten Stadtkeller entspann sich zwischen Helene Arnet und den beiden Vertretungen von „wabe“
eine interessante Diskussion, in der manche Tabus durchbrochen wurden.
Helen Busslinger-Simmen
Im Lauf des Abend beschäftigten Gesprächsleiterin Helene Arnet und die Gäste immer wieder neue Fragen zum Verein „wabe“ (Wachen + Begleiten).
Peter Schnüriger und Elisabeth Müggler konnten ihre Erfahrung einbringen, - nie wichen sie aus. So entstanden spannungsreiche Gesprächsbögen, welche
wichtige Lebensfragen umfassten. Etwa: Warum nehmen wabe-Mitarbeiterinnen die schwierige Aufgabe auf sich, Kranke zu begleiten? Wird man
dabei religiös beeinflusst? Welches sind die Motive eines solchen Dienstes?
„Wabe“ als Entlastung für Kranke und Angehörige
Die Gäste erfuhren, dass die treibende Kraft hinter dem Verein Elisabeth Müggler ist: Nach 20jährigem Dienst als Leiterin des Theodosianums im Spital
Limmattal wurde sie von der katholischen Kirchgemeinde Schlieren als Alters-Seelsorgerin angestellt. In dieser Funktion beunruhigte es sie, dass sich im
Limmattal keine Freiwilligen-Organisation um Schwerkranke und ihre Angehörigen kümmert. In ihrer zupackenden Art fragte sie auf Peter Schnüriger, ob er
nicht Präsident eines neuen Vereins werden könnte; sie selbst ist bei „wabe“ in den Bereichen Selektion, Aus- und Weiterbildung und Einsatzabklärung tätig.
Schnüriger betonte, er habe offensichtlich „eine soziale Ader“: Als ehemaliger Personalchef des früheren Hotels „Zürich“, als ehemaliger Fürsorgevorstand der
Stadt Schlieren und als jetziger Projektleiter in einem Einsatzprogramm für Stellenlose kennt er sich in der Sozialarbeit aus. Zudem hat er eine Pflegewohnung
ins Leben gerufen und dabei erlebt, dass die Betreuung Schwerkranker anspruchsvoll ist. Bis aber der Verein gegründet werden und die Arbeit aufnehmen
konnte, war es nach Aussagen von Schnüriger ein langer Weg.
Wie „wabe“ funktioniert
Müggler berichtete von den Aufgaben des Vereins, in dem 15 Frauen und ein Mann kostenlose Einsätze bei Schwerkranken leisten. Anfragen zur
halbtäglichen Betreuung oder zu Nachtwachen erhalten „wabe“ von Privaten, Spitälern und Altersheimen. Bei jeder Anfrage findet ein Besuch vor Ort statt,
damit die Situation richtig eingeschätzt werden kann. Dann werden Freiwillige aufgeboten, ihre Wünschen und die der Angehörigen werden nach
Möglichkeit berücksichtigt.
Müggler betonte, dass „wabe“ keineswegs die Spitex konkurrenziere: Es gehe nicht um Krankenpflege, sondern um das Schenken von Aufmerksamkeit
und Geborgenheit. Wichtig sei die Ausbildung der Freiwilligen, betonte Müggler: Während drei Monaten werden zwölf Themenkreise behandelt. Dabei geht
es um existentielle Themen wie Gespräche führen, häusliche Krankenpflege, Begleitung Sterbender. Wer sich für den Dienst interessiert, wird von Müggler zu
einem Gespräch eingeladen, dabei werden Motivation und Belastbarkeit überprüft.
Christlicher Grundlage
„Wir gründen auf christlichem Gedankengut, aber wir missionieren nicht“, hielt Peter Schnüriger fest. Angehörige jeder Konfession und jeder Glaubensrichtung
können sich melden und erhalten das, was sie brauchen. Neu wird auch ein Kurs über Sterberituale bei andern Religionen angeboten. „Wir müssen die
persönlichen Entscheidungen und Lebenshaltungen der Kranken unbedingt respektieren“, so Müggler. Zum Beispiel werde dann mit Kranken gebetet, wenn
sie es ausdrücklich wünschen.
Auch auf die Frage nach aktiver Sterbehilfe sagten beide Podiumsteilnehmer, aktive Sterbehilfe werde abgelehnt, - „wabe“ sei dem christlichen
Gedankengut verpflichtet. „Wenn Menschen die nötigen Schmerzmittel erhalten und nicht allein gelassen werden, kommt der Ruf nach aktiver Sterbehilfe
eigentlich nicht auf“, berichtete Müggler.
Erfüllender Dienst
„Die Begleitung Schwerkranker ist eine Belastung. Warum tun sich die Betreuerinnen das an?“ fragte zu Recht Helene Arnet. Schnüriger betonte, dass er nicht
nur etwas geben und leisten müsse, sondern reich beschenkt werde. Durch die Kontakte im Vorstand, durch die Beziehungen, die sich mit der Zeit ergeben.
Müggler sagte, es sei eine erfüllende Aufgabe, Schwerkranke zu begleiten. Öfter stelle sich ein tiefer Friede ein, der schwierig zu beschreiben sei.
Auf die Frage, ob denn nicht Verzweiflung und Trauer Oberhand gewännen, wies Müggler darauf hin, dass in diesem Dienst Trauer auch ihren Platz habe.
Nicht selten hadere man mit Gott und frage nach dem Warum. Das gehöre einfach dazu. Müggler: „Die Bibel lehrt ja mit den Klagepsalmen und dem Buch Hiob,
dass es immer schon Fragen, Hadern, Wut und Verzweiflung gegeben hat.“
Schnüriger berichtete, da die Anfragen sich häuften, werde immer zu Jahresbeginn ein neuer Kurs ausgeschrieben. Dem Jahresbericht entnahmen die
Gäste im Stadtkeller, dass im letzten Jahr 287 Begleitungen mit einer Gesamteinsatzzeit von rund 900 Stunden stattgefunden haben. So ging man nach
dem spannenden Abend mit der Gewissheit nach Hause, dass es im Limmattal Freiwillige gibt, die unschätzbare Dienste leisten.
Informationen:
www.wabe-Limmattal.ch