Exil Urnerinnen und Urner

Folgende Porträts erschienen
in der Neuen Urner Zeitung
bzw. im Urner Wochenblatt (*)
Valerie Baumann

Urner Dialekte haben Saft und Kraft

Die Altdorferin Valerie Baumann untersuchte in ihrer Matura-Arbeit Urner Dialekte

Valerie Baumann lernt „auswärts“ – im Gymnasium Immensee. Bei ihren Recherchen zur Matura-Arbeit mit dem Titel „Inwiefern prägen die verschiedenen Regionen des Kantons Uri den Urnerdialekt“ hat Valerie Baumann Entdeckungen gemacht.

Helen Busslinger-Simmen
Für Valerie Baumann war ziemlich rasch klar, dass sie in ihrer Matura-Arbeit über Urner Dialekte schreiben würde. Denn mit ihrem Dialekt muss sie sich täglich befassen: Als einzige Urnerin im Gymnasium Immensee redet sie anders als die andern, dabei erlebt sie Hänseleien, die zwar nicht böse gemeint sind, ihr aber doch manchmal auf die Nerven gehen: „Ich bin nicht jeden Tag motiviert, auf lustige Art den ‚Ball zurück zu spielen’, deshalb übernehme ich oft die Dialekte der andern“, gibt sie zu.

Recherchen in Urner Tälern

Valerie Baumann hat sich ins Thema hineingekniet, dazu hat sie je einen Vertreter der Reussebene, des Schächen- und Urserentales interviewt. Dabei liess sie von allen dieselbe Sage, die Sage „Abentiir im Brunnital“ erzählen. Bereits den Titel sagen die Vertreter der Regionen auf ihre eigene Art; in der Sage selber sind die sprachlichen Unterschiede nicht zu überhören.

„Dass bei den Unterschieden im Dialekt Alter, Geschlecht und Gesellschaftsschicht eine Rolle spielen, habe ich vermutet. Jetzt kann ich es mit der Maturarbeit belegen“, freut sich Valerie Baumann. Denn die Zugehörigkeit zur Region, zur Dorf- oder Talgemeinschaft spielt bei den Urner Dialekten die allergrösste Rolle.

Dass es kein einheitliches Urnerdeutsch gibt, weiss Valerie Baumann seit früher Kindheit, denn sie hat ein Flair für Sprache und immer genau hingehört. Jetzt hat sie diese These mit Beispielen belegt. Mit Vergnügen fand sie heraus, dass Sprachforscher sagen, die Urner artikulierten mit den trägsten Lippen und den schlaffsten Zungen, zudem produzierten die Tellensöhne und -töchter das dunkelste a, das dickste und u-haltigste I und w der Schweiz. Unverwechselbar sei die eigenartige Kürzung und Dehnung der Vokale und die Verhärtung und Erweichung der Konsonanten.

Urner Dialekte leben

„Natürlich konnte ich von den wissenschaftlichen Arbeiten des Urner Mundartforschers Felix Aschwanden profitieren“, stellt Valerie Baumann fest. Sie war erstaunt, wie ursprünglich und unverwechselbar die älteren Leute reden. Besonders angetan war sie von der Eigenständigkeit der Leute im Urserental, die sich trotz Verkehr und Tourismus ihren Dialekt nicht nehmen lassen.

„Die Sprache ändert sich, der moderne Wortschatz gelangt zusammen mit den Medien in die hintersten Täler“, sagt Valerie Baumann. Sie hat gemerkt, dass vor allem die Ausdrücke, die bäuerlichen Gepflogenheiten entsprechen, in Vergessenheit geraten. Doch gerade die alten Ausdrücke sind voller Sprachkraft. Valerie Baumann: „Das fiel mir auch beim Gedicht ‚Schnee, Schnee, Schnee’ des Urner Dichters Heinrich Danioth auf. Es ist eine eigenwillige, urwüchsige Sprache.“

Die Maturandin hofft, dass die Originalität und Kraft der Dialekte so lange wir irgend möglich erhalten bleibt und sagt: „Der Urner Dialekt ist kraftvoll, oft poetisch, es wäre jammerschade, ihn durch ein langweiliges Sprachmischmasch zu ersetzen.“