Spannendes aus dem Limmattal

Folgende Porträts erschienen
im Limmattaler Tagblatt:
Musik für Gefangene

Musik für Kriegsgefangene

Dietikon Konzert in der reformierten Kirche

1941 schrieb Olivier Messiaen für 5000 deutsche Kriegsgefangene in Görlitz das Stück „Quartett für das Ende der Zeit“. Nun wurde es am Karfreitag in der reformierten Kirche aufgeführt; die Musik berührte auf ungewöhnliche Art.

Helen Busslinger-Simmen
„Ohne den Hintergrund des Werkes von Messiaen kann man diese Musik nicht begreifen“, sagte Pfarrer Markus Bayer zu Beginn des Konzerts. Nach seinen Worten hat der Komponist das Werk unter denkbar schwierigen Bedingungen geschrieben. Er war in deutscher Gefangenschaft, die Uraufführung fand 1941 im Gefangenenlagen Görlitz statt. Nie habe er ein hellhörigeres Publikum gehabt, habe Messiaen später gesagt. Auch in der reformierten Kirche war die Aufmerksamkeit für das Konzert fast greifbar.

Dramatische Ausgangslage

Man hatte sich vorzustellen, dass die Musiker, der Komponist wie die Zuhörer sich in Görlitz in einer lebensgefährlichen Lage befanden. Niemandem ging es gut. Im Lager standen gerade eine Violine, ein Cello und eine Klarinette zur Verfügung, der Komponist spielte Klavier. Die Gäste in der Kirche erlebten etwas von der Trostlosigkeit der damaligen Zeit, vor allem im dritten Satz, dessen lange ausgehaltene Töne der Soloklarinette bis an die Schmerzgrenze gingen. Ebenso eindrücklich war das ungewöhnliche Unisonospiel aller viel Instrumente.

Es grenzt an ein Wunder, dass das Werk trotz der traurigen Ausgangslage kein pessimistisches Stück wurde. Es heisst, Messiaen habe sich von Friedensvisionen der Offenbarung beflügeln lassen. Ein breites Violinsolo mit einem langsamen Aufsteigen zu einem hohen Punkt schien den Aufstieg des Menschen zum Paradies zu zeigen. Die häufige Wiederkehr gleicher Elemente und Muster verstärkte bei den Hörern den Eindruck, er gleite in einem undenklichen, friedlichen Zeitstrom dahin.

Musikalische Überflieger

Keiner der aufgertretenen Musiker war älter als 23 Jahre. Dass sie sich so jung bereits auf einem Höhenflug befinden, zeigten ihre Interpretationen. Maki Wiederkehr spielte 2 Sätze aus "Miroirs für Klavier solo" von Maurice Ravel und beeindruckte durch ihr ausgewogenes Spiel. Daniel Meller brillierte mit der Violinsonate von Debussy und liess dabei keinen Wunsch offen. Felix Heri liess beim Messiaen-Werk seine Klarinette klingen und ausklingen, wie man es selten hört. Karolina Ohmann stand mit dem Cello ihren begaben Kollegen in nichts nach. Nach einer atemlosen Stille nach dem Konzert setzte der Applaus ein.

„Dieses Konzert kann man nicht so schnell vergessen, es wird noch lange bei mir nachwirken“, sagten mehrere der befragten Zuhörer. Was diese blutjungen Musiker zustande bringen, ist schlicht erstaunlich“, bemerkte Ernst Schneider, sie haben eine grosse Zukunft vor sich.“