Spannendes aus dem Limmattal

Folgende Porträts erschienen
im Limmattaler Tagblatt:
Dezember Lesung

Christkind, Sterne und Weihnachtsgänse

Dietikon Weihnachtsgeschichten und Musik im Rahmen von „Kultur in Dietikon“

Schweizer Schriftsteller und Schweizer Musik in der Vorweihnachtszeit, diese Kombination ist etwas Besonderes und lockte viele Interessierte in den Gemeinderatssaal.

Helen Busslinger-Simmen
Es war Ernst Berweger und Agnes Matt von der Kulturkommission anzusehen, dass sie sich freuten, ein ungewöhnliches vorweihnächtliches Ereignis vorstellen zu können: Lesung mit dem Schauspieler Hanspeter Müller-Drossaart, Panflötenspiel mit Käthi Kaufmann, Alphorn mit Kurt Ott, am Klavier begleitet von Hedi Forster. „Der Dialog des urschweizerischen Alphorns mit der aus dem Osten stammenden Panflöte ist bezaubernd“, bemerkte der Schauspieler, bevor er zu lesen anfing.

Lesungen gelten allgemein als kopflastig, abgehoben, im Medienzeitalter scheint man dabei sinnliche Eindrücke zu vermissen. Nicht so im Stadthaus: Müller-Drossaart las nicht nur vor, er gestaltete die Texte, schlüpfte in verschieden Rollen, imitierte die langsame und wohlig klingende Stimme von Dürrenmatt, und bei der Schilderung von Weihnachtsessen zu Gotthelfs Zeiten sprach er den gemütlichen Bernerdialekt.

Keine harmlosen Geschichten Müller-Drossaart liess Schweizer Schriftsteller wie Bichsel, Dürrenmatt, Meier, Hürlimann und Knellwolf zu Wort kommen. Es waren keine rührseligen Texte, die er präsentierte. Alle Erzählungen strotzten von Saft und Kraft, waren ungewöhnlich, skurril, zuweilen absurd. Beim Bichsel-Text war viel von Traditionen die Rede. Tradition war es für einen der beschriebenen sonderbaren Kerle, immer an Weihnachten sein Jagdgewehr zu putzen. Tradition hiess für den andern, im letzten Moment einen Weihnachtsbaum zu kaufen. Zur Tradition gehörte es, dass sich die schrägen Gesellen in der Beiz trafen, und zwar immer um vier Uhr nachmittags.

Die Geschichte „Die Weihnachtsgans“ von Christoph Hürlimann wurde in epischer Breite geschildert, wie eine Gans kurz vor Weihnachten beim Besitzer Vorzeichen einer Metzgete sehen musste, geschickt entfloh, auf die Autobahn geriet, eine Polizeirazzia verursachte und schliesslich in der Kirche Asyl fand.

Wie Schriftsteller Weihnachten erleben

„Wie man weiss, haben Pfarrer haben eine Vorliebe für Krimis, es geht ja dabei um Recht und Unrecht “, hielt Müller-Drossaart fest und las in atemberaubendem Tempo die Geschichte von Knellwolf „Drei Könige ihrer Branche“. Staunend erfuhr man, wie sich in Zürich drei Ganoven einen russischen Akzent aneigneten, ein Juweliergeschäft ausraubten, unerkannt flohen, es mit der Angst zu tun bekamen und schliesslich die Beute für Tschernobyl spendeten.

Bei der kurzen, todtraurigen Erzählung „Das Christkind“ von Dürrenmatt entstand eine ganz andere Stimmung im Saal, wie auch bei den wunderschönen stillen Gedichten von Gerhard Meier. Der Schluss gehörte dem gerade verstorbenen deutschen Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch, der mit ein von Witz und Ironie geprägtes Weihnachtsgedicht über Familienfeiern geschrieben hatte. Mit dem Gedicht im Ohr verliess man schmunzelnd den Saal. Beim nachfolgenden Apéro kam ein einziges Manko zur Sprache: Die Akustik im Saal war nicht für alle angenehm.