Spannendes aus dem Limmattal

Folgende Porträts erschienen
im Limmattaler Tagblatt:
Blumenpracht statt Beton

Blumepracht statt grauer Beton

Dietikon Die Blumenfrau von der Vorstadtstrasse

An der Vorstadtstrasse hat Fridy Kaehr ein Stück Betonstrasse in ein Blumenparadies verwandelt. Zur Freude aller, die daran vorbeigehen.

Helen Busslinger-Simmen
Was die Blumenfrau von der Vorstadtstrasse erfunden hat und täglich neu ausgestaltet, ist mehr als Blumenliebe und Blumenpflege, wie es in all den Gärten und auf Balkonen üblich ist. Fridy Kaehr hat sich vor ihrer Mietwohnung ihr eigenes Paradies geschaffen: Sie stellt Blumenschalen auf, bepflanzt sie je nach Jahreszeit, pflegt und hätschelt die Blumenpracht, schleppt Erde und Steine herbei, um den Platz zu verschönern. Sie ist in ihrem Element.

Blumen sind wie Kinder

„Meine Blumen bedeuten mir alles“ sagt Fridy Kaehr, „sie bedanken sich auf ihre Weise für meine Pflege.“ Tatsächlich scheint es ihren Blumen und Sträuchern gut zu gehen, sie blühen um die Wette, bunt durcheinander, ein farbenprächtiger Flecken in einer gewöhnlichen Strasse. Dass die 84jährige Frau alle Arbeiten selbst ausführen kann, ist ein Wunder. „Die Blumen geben mir ungeahnte Kräfte“, sagt sie. Nicht einmal die Winterkälte schreckt sie ab, der Blumengarten ist zu jeder Jahreszeit zu sehen.

Fridy Kaehr: „Ich musste meinen kleinen Garten an der Reppisch abgeben. Jemand machte mich auf diesen Platz vor dem Haus, in dem ich wohne, aufmerksam. Ich begann zu pflanzen, und es wurde immer mehr.“ Sie lacht über sich selbst – sie hat ja extra zwei Parkplätze für die Pflanzungen gemietet. Dabei konnte sie früher nicht begreifen, dass man „rund um Blumen so eine Geschichte macht“. Als ihre Tante, Mathilda Zimmermann, für ihren Garten ihre Zeit und Kraft einsetzte, fand sie die Mühe übertrieben. „Und jetzt mache ich dasselbe“, sagt Fridy Kaehr.

Ein Leben voller Arbeit

Dass Fridy Kaehr ein besonderer Blick für das Schöne hat, fällt auf, sie kann gestalten, arrangieren, kombinieren, Farben und Formen sind in Harmonie. Das kommt nicht von ungefähr. Sie ist gelernte Schneiderin und betrieb lange ein bekanntes Geschäft in Dietikon, das „Restenhüsli Kaehr“. Sie nähte alles selbst, arbeitete Tag und Nacht, bediente im Laden, führte das Geschäft und zog nebenbei drei eigene Kinder und zwei Stiefkinder auf.

Als sie den Laden aufgegeben hatte, führte sie ein Schneideratelier, später wurde sie Abteilungsleiterin im Globus und im damaligen Modegeschäft „Vilan“, Zudem hatte sie noch einen Flohmarkt-Stand, wo sie Antiquitäten verkaufte. Doch das ist noch nicht alles: Fridy Kaehr schreibt Mundartgedichte, ganze Hefte und Bücher voll. sie sind in akkurater Handschrift festgehalten.

Am Ziel der Wünsche

„Es war nicht immer leicht für mich, das Leben“, sagt Fridy Kaehr. Doch heute habe sie den Frieden gefunden. Ihre Wohnung ist voller Fotos von Kindern und Enkelkindern, es hat ungezählte Fotos von ihrer Tochter Doris, die sich liebevoll um sie kümmert. „Es ist ein Geschenk, eine solche Tochter haben zu dürfen“, sagt sie, frei von jeder Mutter-Tochter-Problematik.

Fridy Kaehr freut sich, wenn Passanten, welche das Blumenparadies sehen, stehen bleiben, ihr Komplimente machen, dank ihren Blumen kommt sie rasch mit jedem ins Gespräch. „Ich lebe für dieses Stück Erde, die Blumen wollen nichts, sie schaden niemandem, sie sind einfach da“, sagt sie, setzt sich auf die Holzbank und strahlt mit den Blumen um die Wette.

Nachbarn freuen sich mit

„Überraschend wurde mir ein Blumengarten vors Haus gepflanzt“, sagt der Maler und Musiker René Gubelmann und fügt bei: „Was unsere Blumenfrau leistet, ist unglaublich.“ Er sieht ja, wie sie die schwersten Körbe und Steine schleppt. Zum Künstlernachbar sagt Fridy Kaehr: „Vom Pflanzen und Gärtnern ist noch nie jemand gestorben.“

Ein anderer Nachbar, Schreinermeister Arthur Portmann, der vor Jahren für diesen Platz an der Vorstadtstrasse eine Bank hergestellt und gestiftet hat, sagt: „Wir geniessen eine guten Nachbarschaft und freuen uns an dem Blumenwunder, das jeden Tag gepflegt wird.“