Uri von aussen gesehen

Folgende Porträts sind in der
Neuen Urner Zeitung erschienen:

Steven Schneider

«Ich liebe die Urner Polizei»

Der Kolumnist und Autor Steven Schneider ist bei Rot durch den Gotthardtunnel gefahren. Zum Glück für ihn war die Polizei gnädig.

Helen Busslinger-Simmen

Steven Schneider, in einer Kolumne haben Sie die Urner Polizei als netteste gelobt. Wieso eigentlich das?

Steven Schneider: Ich liebe die Urner Polizei, weil ich wohl jahrelang ohne Ausweis gewesen wäre, hätte sich nicht ein Polizist meiner erbarmt. Wir waren auf der Rückfahrt von einem weihnächtlichen Familienfest in Italien, als im Gotthardtunnel plötzlich alle Ampeln rot wurden. Das Auto vor mir fuhr unbeirrt weiter, worauf ich das auch tat. Meine Frau neben mir meinte, sie würde bei Rot anhalten, was ich nicht grundsätzlich ablehnte. Der Tunnel war leer bis auf das fahrende Auto vor mir. Also folgte ich diesem, bis irgendwann Polizisten im Tunnel mitten auf der Strasse standen. Ich musste die Scheibe runterkurbeln und mir ein verdammtes Donnerwetter anhören. Kein Wunder, ich hatte mindestens sechs Rotlichter überfahren. Ich wollte meinen Kopf aus der Schlinge ziehen, indem ich die ganze Schuld dem Auto vor mir gab.

Wie reagierte die Polizei?

Schneider: Der Polizist las mir noch einmal gehörig die Leviten, brummte dann etwas von Weihnachten und liess mich schliesslich ziehen. Das werde ich dem Kanton Uri und seiner Polizei nie vergessen! Und ich werde nie wieder ein Rotlicht im Gotthard überfahren!

Hatten Sie noch andere Erlebnisse im Gotthardstau?

Schneider: Natürlich. Meine Mutter ist Italienerin, sie lebt in Friaul, meine Schwiegermutter lebt in Umbrien. Diese Kontakte bedeuten uns viel. Also fahren wir zwei- bis dreimal im Jahr nach Italien. Ich beschreibe solche Erlebnisse in meinen Kolumnen, sie sind ein Dauerbrenner. Obschon wir versuchen, zu Unzeiten durch den Gotthard zu fahren, gelingt es uns nicht immer, staufrei durchzukommen. Unvergessen ist der Stau, als wir auf der Überholspur dahinkrochen, neben uns ein Sattelschlepper, der stets gleich langsam war wie wir. Ich hätte so dringend auf die Toilette gemusst.

Welche Erinnerungen haben Sie sonst an den Kanton Uri?

Schneider: Wir lasen aus «Die Stunde der Wahrheit» in Altdorf, es war extrem lustig. In Uri haben die Leute viel Humor. Als Jugendlicher war ich eine Woche oberhalb von Gurtnellen auf einer Alp. Es war ein Arbeitseinsatz von der Kirche. Zudem liebe ich die Skipisten von Andermatt und den Oberalppass. Ich habe mit dem Velo den Klausen, den Gotthard und die Furka geschafft. Ich hatte einen guten Urner Freund, er nahm mich mit in das Ferienhaus seiner Familie aufs Haldi. Da haben wir viel gefeiert, sind Ski gefahren und haben bei einem so genannten «Bärti» Wild gegessen. Bald fahre ich mit meinem Göttibub mit dem Töffli über den Gotthard ins Tessin, das ist sein ausdrücklicher Wunsch. Darauf freue ich mich sehr.

Missfällt Ihnen auch etwas im Kanton Uri?

Schneider: Die Autobahnraststätte im Schattdorfer Dimmerschachen ist mir persönlich einfach zu teuer, und die Werbeplakate für euren Kanton entlang der Autobahn im Urnerland sind mir zu englisch. Ganz besonders gefällt mir aber der Urner Dialekt. Er ist einzigartig. Zum Beispiel sagt man etwa auch «colazze» statt «Frühstück». Als einer, der an der Sprache interessiert ist, finde ich das grandios.