Limmattalk

Folgende Porträts sind im
Limmattaler Tagblatt erschienen:
Hans Bohnenblust

Stadtpräsidium eine enorme Herausforderung

Dietikon Limmattalk mit dem scheidenden Stadtpräsidenten Hans Bohnenblust

Nach zehn Jahren Stadtpräsidium ist wohl Zeit, Bilanz zu ziehen. Chefredaktor Daniel Winter befragte Hans Bohnenblust zu politischen Themen und zu seiner persönlichem Befindlichkeit.

Helen Busslinger-Simmen
„Bis im Mai bin ich noch im Amt“, hielt Bohnenblust fest, und Winter hakte blitzschnell nach: „Verstehen Sie das als Drohung?“ Für schallendes Gelächter war gesorgt. Der scheidende Stadtpräsident ging auf den Scherz ein, das könne man verstehen, wie man wolle. Es brauche etwas Zeit, bis die berufliche Situation des neuen Stadtpräsidenten abgeklärt sei. Bohnenblust schien nicht unglücklich über diese „Verzögerung“, er outete sich als „Stadtpräsident mit Leib und Seele.“

Amüsiert berichtete Bohnenblust von Klassentreffen, wo er jeweils als einziger Berufstätiger seiner Generation auffalle. Alle seien pensioniert und fragten indigniert, wie er immer noch so viel arbeiten könne. „Ich bin ein Aktivist, rund um mich muss etwas laufen, ich neugierig und will ständig Neues kennenlernen“, bekannte Bohnenblust und berichtete, er habe in den letzten zehn Jahren unheimlich viel gelernt und erfahren: „So gesehen ist ein Präsidium zwar eine grosse Arbeitslast, aber auch eine grosse Chance.“

Harter Anfang

Winter lenkte die Aufmerksamkeit auf den Bohnenblusts Start vor zehn Jahren: Damals hat Bohnenblust sein Geschäft aufgegeben und wurde Stadtpräsident im Halbamt, bis die Nachfolge in seinem Geschäft geregelt war. Der Start als Stadtpräsident war für Bohnenblust „ein Sprung ins kalte Wasser“. Denn der Wechsel von der Geschäftsführung in der Privatwirtschaft zum Berufspolitiker mit Führung des Stadtrates und der Verwaltung war ziemlich abrupt: „Die Vorgehensweisen in unserer Demokratie sind kompliziert - Umdenken war angesagt.“

„Im Geschäftsleben sind rasche Entscheidungen nötig, in der Politik braucht das gemeinsame Suchen nach Lösungen mit vielen Absprachen Zeit, viel Zeit“, so Bohnenblust. Winter erinnerte Bohnenblust an sein Wahlversprechen vor zehn Jahren. Damals sagte er, er wolle die Abteilungen der Verwaltung durchforsten und allfällige Mängel beheben. Bohnenblust räumte ein, er habe immer neu „Dienst am Kunden“ gepredigt und könne sich heute – mit wenigen Abstrichen - an einer gut funktionierenden Verwaltung freuen.

Stets in der Öffentlichkeit

„Als Berufspolitiker ist man der Kritik ausgesetzt. Man kann es nicht allen recht machen. Entsteht da nicht unheimlich Druck auf die eigene Person?“ fragte Winter und sprach damit etwas an, das alle im Stadtkeller interessierte. Bohnenblust gab zu, Druck und Arbeitslast kämen oft zusammen, er sprach von schlaflosen Nächten, von Problemen, die ihn nicht los gelassen haben. Bohnenblust: „Man lernt, mit dem Druck umzugehen. In all den Jahren stellte sich bei mir eine gewisse Gelassenheit ein.“ Mit der Zeit gerate nicht mehr so schnell in Aufregung und habe mehr Distanz. Dies würden die Leute von von einem Stadtpräsidenten erwarten.

Bohnenblust bekannte in seiner direkten Art, er geniesse die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit: „Wie schön, wenn man gegrüsst wird.“ Das Schlimmste sei gewesen, wenn negativ kritisiert und gelästert worden sei, ohne Anzeichen einer besseren Lösung. Seiner Ansicht nach müsste gut gemeinte Kritik auch einen andern Weg aufzeigen: „Destruktive Kritik – das ist eine durchwegs schlechte Erfahrung.“

Eines seiner Anliegen sei gewesen, für die Bevölkerung da zu sein: „Alle, ohne Ausnahme, konnten mit ihren Fragen zu mir kommen.“ Bohnenblust wollte mit den Leuten in Kontakt bleiben und hören, was sie beschäftigte.

Offene Probleme in Dietikon

Winter ist aufgefallen, dass die politischen Themen in all den Jahren in Dietikon fast dieselben geblieben sind. Bohnenblust gab ihm Recht: „Der Stadtrat befasst sich nach wie vor mit Ausländerproblematik, Verkehsproblmen, Sicherheitsfragen, fehlende Finanzen.“ Gerade in den Verkehrsfragen seien die beiden Kantone Aargau und Zürich heute zum Schluss gekommen, Dietikon brauche eine Umfahrung. Aber das ist teuer. „Auch der Kanton spart“, so Bohnenblust.

Auch für die Integration der ausländischen Bevölkerung in Staat und Schule könne man immer mehr tun, aber das sei mit Kosten verbunden: „Wir können nicht Geld ausgeben, das wir nicht haben.“ Nach Bohnenblusts Ansicht muss der neu zusammengesetzte Stadtrat dafür sorgen, dass die finanzielle Situation stabil bleibt oder sich verbessert.

Enkelkinder und Sprachen lernen

Wie geht einer, dessen Agenda immer voll gestopft ist, mit der neu erworbenen freien Zeit um? Diese Frage lag in der Luft. Bohnenblust wollte sich nicht festlegen, zu sehr halten ihn noch in die Geschäfte des Stadtrates in Atem. Davon scheint er noch nicht loszukommen. Aber einige Ideen schwirren in seinem Kopf rum: „Mit den Enkelkindern etwas unternehmen, Englisch und Französisch auffrischen, mehr Kultur, mehr Lesen, mehr Reisen, mehr Gartenarbeit.“ Am Schluss traf sich eine bunt gemischte Gästeschar beim Apéro, um diskutierte Fragen aufzunehmen, miteinander zu scherzen oder Bohnenblust Fragen zu stellen.